Kering ist ein globaler Luxuskonzern, der mittlerweile renommierte Häuser ( wie Gucci und Saint Laurent) in den Bereichen Mode, Lederwaren, Schmuck und Brillen führt. Kering S.A. , vormalig PPR (für Pinault-Printemps-Redoute) ist ein börsennotiertes französisches Unternehmen mit Sitz in Paris und weltweit über 42.000 Mitarbeitern.
Das Unternehmen wurde 1963 von dem französischen Unternehmer Francois Pinault gegründet und bis 2005 von diesem geführt. Von da an übernahm sein Sohn Francois-Henri Pinault die Leitung. Die Ursprünge liegen in der Holzindustrie, bevor Francois in den Einzelhandel einstieg und später die Luxusmarke Gucci übernahm. Mittlerweile hat Selfmade-Milliardär Francois Pinault- genau wie Mitbewerber Bernard Arnault- die französische Wirtschaftslandschaft umgekrempelt und mit beeinflusst. Im Frühjahr 2024 wurde er auf Platz 4 der reichsten Franzosen gelistet (nach Bernard Arnault/LVMH auf Platz 1, Francoise Bettencourt-Meyers/L´Oréal auf Platz 2 und Rodolphe Saadé/ Schifffahrts-/Logistikunternehmen CMA CGM).
Francois Pinault wird 1936 in der französischen Bretagne in Les Champs-Géraux in eine Holzhändler-Familie mit kleiner Firma hineingeboren. Vier Jahre später ist besagte Region als strategisch geeigneter Punkt an der Atlantikküste von den Nazis besetzt. Der vormals idyllische Landstreifen ist nun vom Militär anstelle von Holzfällern überlaufen. Anstatt sich der allgemeinen Angst hinzugeben, unterstützen Francois und sein Vater heimlich die Alliierten, die sich in der Nähe des Hauses verstecken. Als sie diesen auf dem Arbeitsweg erneut Essen vorbeibringen wollen, werden sie von den Nazis abgefangen, verhört und verprügelt. Trotz der Schläge bewahren Vater und Sohn ihr Schweigen, ihre Integrität sowie Autorität- Eigenschaften die Pinault bis heute innehat.
Später geht es an eine elitäre High-School, in die Francois mit seinem ländlichen Akzent und dem eher bescheidenen Lifestyle nicht gänzlich hineinzupassen scheint- zumindest nach der Meinung einiger Mitschüler. Er konzentriert sich stattdessen auf den familiären Betrieb: Dafür steht er schon vor der Dämmerung auf: Um die Holzqualität zu checken, Industrietrends zu verfolgen und seinen Vater bei Verhandlungen mit Lieferanten zu beobachten. Observieren und imitieren. Francois möchte ein Experte auf dem Gebiet werden. Wie sehen die Marktanforderungen für Holz aus? Welche Unterschiede, Charakteristiken, Gewinnungsarten, Prozesse und Vertriebswege gibt es? Wie macht man es besser als andere in der Industrie?
Dabei geht es nicht bloß um Holz, sondern auch um Geschäftsverhandlungen und den Wert von Beziehungen, sprich Vitamin B.
Nachdem sein Vater verstirbt, folgt ein kurzer Abstecher zur Armee- das Familienunternehmen wird verkauft. Die Entrepreneur-Träume scheinen zeitweilig auf Eis gelegt. Doch als er einen Job bei einer anderen Firma in der Branche annimmt und 1962 die Inhaber-Tochter Louise Gautier zur Frau, erkennt auch deren Vater endgültig sein Potenzial. Privat und geschäftlich.
1963 erscheint Pinault mit Holzspänen auf der Hose in seiner Bank, um einen Kredit aufzunehmen. Dort trifft er zunächst auf Skepsis: Was kann ein Highschool-Abbrecher der als Holzfäller gearbeitet hat schon über Geschäfte wissen. Aller anfänglichen Zweifler zum Trotz, wird ihm eine Summe von umgerechnet 25.000 US-Dollar anvertraut- womit er seine Feuerholz-Firma finanzieren kann: Das Fundament für sein Imperium. 1965 folgt die Scheidung seiner ersten Ehe.
1968 liegt der Fokus nach wie vor auf der Holzindustrie.
Von der vorherigen Holz-Ernte über Papierfabriken hin zu Bau- und Feuermaterialien. Sein Feuer brennt. Auch privat: 1970 heiratet Francois erneut, dieses Mal die Antiquitätenhändlerin Maryvonne Campbell. Durch sie wird er noch mehr in die Welt der Kunst eingeführt.
Beruflich läuft es ebenso erfolgreich: Bis 1973 werden durch sein Business 3 Millionen Francs generiert. Trotz des gut laufenden Timber-Unternehmens, arbeitet Pinault emsig weiter, anstatt sich anderweitig zu vergnügen. Im gleichen Jahr tritt dann tatsächlich ein weitreichendes Ereignis ein: Die OPEC (Organization of the Petroleum Exporting Countries) verhängt ein Öl-Embargo, welches sich durch steigende Energiepreise auf den Verkehr, Geräte und die Baubranche auswirken kann. Rechtzeitig verkauft Pinault Anteile nur um sie zu geeigneter Zeit wieder zurückzukaufen. Er versteht: „Jede Krise ist temporär“. Sein Business-Sinn wird als fast poetisch beschrieben. Passend dazu eine Weisheit Pinaults: „When Pork is selling well, you should buy pigsty. When it isn´t, you should stop.“
Wie im übertragenen Sinne Firmen für einen symbolischen Euro bzw.in diesem Falle Franc verkauft werden, läuft es auch 1986: Pinault kauft Isoroy auf, eigentlich um die Firma zu retten. Dann entlässt er jedoch viele Mitarbeiter, so dass von den ursprünglich 700 Angestellten nur noch 25 bleiben. Dies wird von einigen als „Sozialismus der auf kapitalistische Art genutzt wurde“, bezeichnet. Pinault selbst wird als Visionär mit einem Blick für verschuldete Unternehmen mit Potenzial gesehen. der diesen zu mehr Kapital verhelfen kann. 1988 folgt der Börsengang von Pinault S.A. 1991 wird mit der Möbelwerkstatt Conforama der Weg zum Einzelhandel erschlossen. 1992 hat Francois bereits ein Empire geschaffen und liebäugelt mit dem nächsten Business: Der Erschließung des stetig währenden Luxusmarktes. Mit dem Kauf des prestigeträchtigen Kaufhauses La Redoute erwirbt er nicht nur ein Gebäude, sondern eine Institution. Welche als Emblem französischer Eleganz gesehen wird. Eine Luxus-Shopping-Destination in bester Lage mit Ausblick auf Pariser Sehenswürdigkeiten. Pinaults Eintritts-Karte in die glamouröse Welt. Positioning is key. Die Ausrichtung auf besagten Einzelhandel erfolgt 1994. 1998 sucht das Londoner Auktionshaus Christie´s einen neuen Käufer. Pinault erkennt neben den wirtschaftlichen auch die damit verwobenen gesellschaftlichen Chancen und kauft den Sotheby´s Konkurrenten auf. Womit er nun endgültig das Parkett der Kunstwelt und der dort ansässigen wohlhabenden Society betritt. Feines Erbe und Kultur für umgerechnet etwa 1,2 Billionen Dollar.
5 Jahre später werden durch ihn zunächst 40% der Gucci-Aktien erworben. Pinaults erbitterter Gegenspieler in dem später als „Krieg der Handtaschen“ titulierten Gefecht um die Gucci-Übernahme ist der französische Groß-Unternehmer Bernard Arnault. Beide zählen jeweils als Wegbereiter des modernen Unternehmertums und sind für erfolgreiche Merges (Übernahmen) bekannt. Die beiden Luxus-Pioniere werden durch diesen Wettstreit endgültig zu Rivalen. Pinault soll diesen 2001 gewinnen, indem er die vormaligen Gucci-CEO´s zu einem persönlichen Dinner in seiner Pariser Residenz einlädt. Mit nahbarer Persönlichkeit, Bodenständigkeit und Wärme überzeugt- wie die Anwesenden später berichten. Francois als White Knight für Gucci. Die Übernahme zeitgleich auch ein Ritterschlag für ihn. Nun ist Kering einer der stärksten Mitbewerber von LVMH.
Auch wenn die Rentabilität des einen Tag vor dem 11.September geschlossenen Gucci-Deals von einigen in Frage gestellt wird, zahlt es sich mehrfach für Kering aus. Pinault selbst sagt dazu: „Menschen reagieren auf einen Deal und seinen Preis unmittelbar, dabei zeigt sich erst 7 Jahre später ob ein Deal gut war oder nicht.“ – In diesem Fall ist Gucci 7 Jahre nach Aufkauf 7 Billionen (in US-Dollar) schwer und somit wohl ein guter Deal gewesen.
Weitere Designerhäuser folgen. Gleich der Namensgeberin seiner französischen Holdinggesellschaft „Artemis“-der Göttin der Jagd-jagt auch Pinault. Bevorzugt strauchelnde Luxusmarken. Sein Sohn Francois Henri Pinault und er kaufen das Schmucklabel Boucheron. 2001 gefolgt von Balenciaga und dem britischen Fashion-House Alexander MCQueen. Ebenso wie Yves Saint-Laurent (heute Saint Laurent). 2005 wird Francois Henry Pinault CEO und kann fortan unter Beweis stellen, dass er ebenso wie sein Vater und Gründer Francois Pinault, über einen ausgezeichneten Geschäftssinn verfügt. 2007 wird unter seiner Leitung ein Großteil der Sportmarke PUMA erworben und 2018 besagter Anteil wieder verringert. Fokus bleibt auf dem Luxury Retail. Der Marken-Kampf zwischen Kering und LVMH, der zeitweilig mit einem Wirtschaftskrimi verglichen wird, beruhigt sich etwas und wird auf anderen Ebenen ausgetragen. Beide Führungskräfte wissen um die Bedeutung von Celebrities. Seien es Stars als Gäste auf ihren Modeschauen, als Testimonials/Werbegesichter oder als Träger ihrer Kleidung. Francois Henry Pinault heiratet die auf einem Event kennengelernte Schauspielerin Salma Hayek. Und übernimmt Mehrheit an der Hollywood Agentur „Creative Artists Agency“, die bereits seit 2010 vom Private Equity- Investor TPG unterstützt wird. Besagter Investor wird von der Kering-Holding Artemis übernommen.
Mittlerweile gehört zu den Pinaults neben diversen Marken und Holdings, Kering, dem Auktionshaus Christie´s, einer französischen Luxuskreuzfahrtgesellschaft, renommierten Weingütern, Zeitschriften/Verlagen, Immobilien, der Hollywood-Kreativschmiede auch der Fussballclub Stade Rennes, dessen Fan Pinault schon seit Kindheitstagen ist. Genauso großzügig soll die Familie auch bei der Förderung von Kunst und Kultur sein. Und in der Unterstützung der Bürgerrechtsorganisation SOS Rassismus. Wie Francois häufig zitieren soll: „With great power comes great responsibility.“ Der Familie gehört u.a. auch ein eigenes Kunstmuseum in Paris.
Passenderweise in der alten Börse von Paris, der „Bourse de Commerce“.
Der Selfmade-Man Pinault schafft es, scheinbare Widersprüche zu vereinen und wird als feinfühliger Kapitalist bezeichnet. Passend dazu die Bedeutung des Unternehmens-Namens sowie des Logos:
„ Our name is pronounced “caring,” a word that also reflects how we think of and build our relationships with our Houses, employees, customers, and our stakeholders in general – as well as with the planet… In the Breton language – an allusion to the Group’s origins – ker means home or a place to live. We have constructed the Group as a welcoming place where our employees and our Houses can grow and flourish.
Likewise, the owl we have chosen as our emblem symbolizes wisdom, protection, and vision – three qualities we want at the core of our management model“
Unternehmerische Beharrlichkeit und Integrität: Pinault zeigt schon in jungen Jahren eine bemerkenswerte Integrität, indem er und sein Vater während der Nazi-Besatzung der Bretagne heimlich die Alliierten unterstützen. Diese Eigenschaften begleiten ihn durch sein gesamtes Leben und prägen seine unternehmerischen Entscheidungen. Und verschaffen ihm Vorteile, Anerkennung und Vertrauen- unter anderem bei der Gucci-Übernahme.
„Trotz“ bescheidener Anfänge in einer Holzhandelsfirma und einer kurzen Unterbrechung durch den Militärdienst gelingt es Pinault, ein Imperium aufzubauen. Sein Geschäftssinn zeigt sich besonders deutlich in seiner Fähigkeit, Marktchancen zu erkennen, Risiken einzugehen und rechtzeitig auf Veränderungen zu reagieren.
Pinault zeigt eine bemerkenswerte Fähigkeit zur Diversifizierung und Expansion seines Unternehmensportfolios. Von der Holzindustrie über den Einzelhandel bis hin zur Luxusmode und zur Kunstwelt – er erwirbt und leitet erfolgreich eine Vielzahl von Unternehmen und Marken, wodurch er zu einem bedeutenden Akteur in verschiedenen Branchen wird.
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